Wichtiger Hinweis zu Reifenumrüstungen an Motorrädern!
Im Verkehrsblatt Nr. 15/2019 wurde die Praxis der Reifenumrüstung an Motorrädern neu festgelegt. Daraus resultiert, dass bisher bestehende Reifenfreigaben in Form einer Bereifungsempfehlung oder Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht länger als alleiniger Nachweis über eine gefährdungsfreie Montage von Bereifungen mit abweichender Dimension (Reifengröße) oder Bauart herangezogen werden können.
Es wurde eine Übergangsfrist definiert: die bisherigen Reifenfreigaben gelten für Reifen, die bis 31.12.2019 hergestellt wurden und längstens bis 31.12.2024 bzw. bzw. ab dem 01.01.2025 für alle Reifenumrüstungen.
Allgemein gilt:
Eine evtl. in den Zulassungsdokumenten (COC und/oder ZB) eingetragene Reifenfabrikatsbindung entfällt für Fahrzeuge mit
EU-Typgenehmigung durch diese Neuregelung.
Die in Vergangenheit ausgestellten Bescheinigungen (Herstellerfreigaben, Unbedenklichkeitsbescheinigungen und ähnliches) verlieren im
Falle einer Größen-/Bauartänderung (Fälle 1c und 2) der dort aufgeführten Bereifung ihre Gültigkeit und können nur noch
als Prüfgrundlage für die Begutachtung gemäß § 21 StVZO dienen. Für diese Art der Umbereifung werden die Hersteller in Zukunft nur noch
Herstellerbescheinigungen ausstellen. Wir empfehlen, die entsprechende Bescheinigung zur notwendigen Anbauabnahme mitzuführen.
Bei einer Reifenumrüstung ohne Größen-/Bauartänderung (Fälle 1a und 1b) können die bisher ausgestellten Bescheinigungen
weiterhin verwendet werden. In der Zukunft werden die Hersteller in diesen Fällen eine Service-Information erstellen, die Ihnen bei der Auswahl
der optimalen Bereifung für Ihr Fahrzeug helfen soll. Die bisher gebräuchlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen im Falle
einer Reifenfabrikatsbindung sind nicht mehr nötig.
Bei der Reifenumrüstung werden nun folgende Fälle unterschieden:
Fall 1: Fahrzeuge mit EU-Typgenehmigung (die Mehrheit der Fahrzeuge ab BJ 2000)
Fall 1a: Gleiche Reifengröße, anderer Hersteller.
Die Umrüstung ist zulässig, die Betriebserlaubnis erlischt nicht. Eine Anbauabnahme und Eintragung
in die Zulassungsbescheinigung ist nicht nötig (Verkehrsblatt 15-2019, Nr. 90). Für diesen Fall stellen wir
Ihnen eine Service-Information zur Verfügung, aus der die von uns empfohlenen Reifenkombinationen für Ihr Fahrzeug
hervorgehen.
Fall 1b: Geänderte Reifengröße, die innerhalb der original eingetragenen Reifengrößen liegt.
Setzt voraus, dass schon bei der Fahrzeughomologation mehrere Reifengrößen eingetragen wurden und die
neue Reifengröße innerhalb der in der Zulassungsbescheinigung (ZB) oder im COC-Papier aufgeführten Dimensionen
liegt. Diese Änderung ist ohne Weiteres zulässig, auch hier hilft Ihnen eine Service-Information bei der Auswahl
der geeigneten Bereifung.
Fall 1c: Geänderte Reifengröße oder geänderte Reifenbauart.
Bei Montage der Reifen liegt eine Änderung des Fahrzeugs und ein Erlöschen der Betriebserlaubnis nach §19 (2)
StVZO vor. Entspricht das Fahrzeug ansonsten dem genehmigten Zustand, ist eine Begutachtung gemäß §21 auf Grund
§19 (2) StVZO möglich und nach dem Umbau unverzüglich erforderlich!
Eine vom Hersteller ausgestellte Herstellerbescheinigung für die getesteten Fahrzeug-/Reifenkombinationen kann hier
als Prüfgrundlage für die Begutachtung gemäß § 21 StVZO dienen, stellt aber keine Garantie für eine erfolgreiche Abnahme
und Eintragung in die Zulassungsbescheinigung dar!
Grundsätzlich für Fall 1 gilt: Die geänderte Bereifung muss typgenehmigt (UN/ECE Regelung 75) und technische
Parameter (Geschwindigkeitsindex, Traglast) gleich oder höherwertig sein.
Fall 2: Fahrzeuge ohne EU-Typgenehmigung (alte Fahrzeuge mit ABE oder mit
Einzel-abnahme nach §20/21)
Die Verwendung anderer Reifen, als in den Zulassungsdokumenten aufgeführt, ist nicht zulässig! Hier ist ein Vorgehen
wie in Fall 1c notwendig.
Erläuterungen zur Service-Information:
Eine Service-Information wird vom Reifenhersteller ausgestellt in den originalen Reifengrößen und nur für Motorräder mit EU-Typgenehmigung. In der dazugehörigen Übereinstimmungsbescheinigung (coc-Papier) können mehrere originale Reifengrößen oder Reifenbauarten enthalten sein. Die in der Service-Information aufgeführten Bereifungen stellen die Empfehlung des Reifenherstellers dar. Nicht aufgeführte Bereifungen stellen entweder keine Empfehlung dar oder wurden nicht für ihr Motorrad geprüft. Rein rechtlich gesehen können Sie auf einem EU-typgenehmigten Motorrad in den originalen Reifengrößen jeden Reifen fahren. Wir empfehlen Ihnen jedoch zu ihrer eigenen Absicherung, nur Reifen zu fahren, die in der Service-Information aufgeführt sind.
Erläuterungen zur Herstellerbescheinigung:
Eine Hersteller-Bescheinigung wird vom Reifenhersteller ausgestellt für Bereifungen mit abweichenden Reifengrößen oder Reifenbauarten für Motorräder mit EU-Typgenehmigung und für alle Bereifungen bei Motorrädern mit nationaler Betriebserlaubnis (ABE / EBE). Die erforderliche Begutachtung nach §21 StVZO wie auch die anschließend erforderliche Änderung der Fahrzeugpapiere auf der KFZ-Zulassungsstelle sind gebührenpflichtig. Wir empfehlen deshalb, vor Kauf / Montage der Reifen mit dem Technischen Prüfdienst (DEKRA, GTÜ, KÜS, TÜV) abzuklären, ob dieser die Bereifung anhand der Herstellerbescheinigung abnimmt.
Motorräder können seit Inkrafttreten der Richtlinie 92/61 EWG mit einer EU-Typgenehmigung homologiert werden. Enthält Feld K im KFZ-Schein eine der folgenden Nr.: 92/61; 97/24, 2002/24; 168/2013, z.B. e13*2002/24*0163, so hat ihr Motorrad eine EU-Typgenehmigung.
Motorräder der 70er, 80er und die meisten Motorräder der 90er Jahre wurden mit einer nationalen Betriebserlaubnis für den Verkehr zugelassen, in Deutschland war das die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) oder die Einzelbetriebserlaubnis (EBE), die z.B. für sogenannte Grauimporte oder Einzelfahrzeuge ausgestellt wurde.
Hier die Neuregelung auch zum nachlesen:
Hat die Neuregelung auch positive Aspekte für Biker?
Primär ist die neue Gesetzgebung zur Einzelabnahme bei Umbereifung mit Mehrkosten und zusätzlichem Aufwand für Motorradfahrer verbunden. Es wird komplizierter und teurer, Motorradreifen-Abweichungen vom Certificate of Conformity (COC) tatsächlich für den Straßenverkehr zuzulassen.
Dennoch dürfen Bike-Freunde der Neuregelung auch positive Aspekte abgewinnen. So ist bspw. bei einer reinen Abweichung des Reifenherstellers nicht automatisch eine Abnahme erforderlich, solange alle Dimensionen und Eigenschaften mit den Daten in den Papieren übereinstimmen oder diese sogar übertroffen werden. Die grundsätzlichen Maße wie Zollgröße, Abrollumfang, Breite und Querschnitt müssen also identisch sein bzw. innerhalb des vorgegebenen Spektrums der Dimensionen in der Zulassungsbescheinigung liegen.
Wie bei Autoreifen dürfen Lastindex und Speedinde xauch nach oben abweichen, nicht aber geringer als die Vorgabe des Motorradherstellers sein. Bei einer einfachen Umrüstung mit original Dimensionen ist keine Eintragung erforderlich.
Ein weiterer Aspekt, der Motorradfahrer zu Gute kommen könnte, ist die Tatsache, dass Motorradreifen durch die Reifenhersteller oft als Kombination aus Vorder- und Hinterrad angeboten werden. Durch die wegfallende Orientierung an Herstellerfreigaben kann die jetzt geltende Neuregelung dazu führen, dass Mischbereifung erlaubt ist. So könnten Biker also bspw. auf der Hinterachse einen Michelin und auf der Vorderachse einen Continental Reifen fahren, sofern andere Eigenschaften der Reifen und des Fahrzeugs den Vorgaben entsprechen.
Als zusätzlicher Faktor entfällt das Mitführen der UBB der Reifenhersteller für viele Motorradfahrer schon jetzt. Wer aktuell noch bis spätestens Jahresende 2024 mit DOT 2019 Reifen unterwegs ist, muss die entsprechende Herstellerfreigabe auch weiterhin während der Fahrt griffbereit haben. Spätestens ab 1.1.2025 gilt dann aber für alle Biker, dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung zuhause bleiben darf.